Angststörungen – Wenn die Angst das Leben bestimmt

Der Alltag ist von großen Sorgen und Ängsten geprägt, sodass das Einschlafen schwerfällt und die Gedanken kreisen – ein Zustand, den gerade in Krisenzeiten viele Menschen kennen. Doch wie stellt man fest, ob es sich dabei „nur“ um alltägliche Sorgen handelt oder um eine behandlungswürdige Krankheit wie eine Angststörung? Was Angststörungen ausmacht, wie sie entstehen können und behandelt werden, erläutern wir im Artikel.

Angststörung oder nur Alltagssorgen?

Ängste und Sorgen gehören zum menschlichen Leben dazu, aber eine Angststörung geht über die alltäglichen Sorgen hinaus. Was sind Indikatoren für eine Angststörung?

  • Beeinträchtigung des Alltags: Wenn das Arbeits- und Privatleben sowie Beziehungen und Freizeitaktivitäten durch die Ängste erheblich beeinträchtigt werden, deutet das auf eine Angststörung hin.
  • Körperliche Symptome: Als Reaktion auf Ängste können Symptome wie Herzklopfen, Zittern, Schweißausbrüche bis hin zu Atem- und Magenproblemen auftreten.
  • Unkontrollierbare Gedanken: Wiederkehrende, beunruhigende Gedanken, die sich nicht abschalten lassen, weisen ebenfalls auf eine Angststörung hin.
  • Vermeidungsverhalten: Wenn man dazu tendiert, gewisse Situationen oder Orte zu meiden, die Ängste auslösen können, ist das ebenfalls ein Anzeichen.

Angststörungen als globales Phänomen?

Wie bei anderen psychischen Erkrankungen liest man auch über Angststörungen, dass diese in den letzten Jahren immer mehr zunehmen würden. In erster Linie ist das allerdings ein Anzeichen dafür, dass es eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für psychische Erkrankungen gibt, was auch zu einer höheren Diagnoserate führt. Zugleich gibt es einige Faktoren, die zu einer höheren Verbreitung von Angststörungen beitragen können:

  • Ständige Erreichbarkeit & Stress: Durch Smartphones und flexible Arbeitsformen wie Gleitzeit und Home-Office sehen sich immer mehr Menschen unter Druck, ständig erreichbar und verfügbar zu sein. Der dadurch entstehende Stress und das Gefühl, nicht mehr abschalten zu können, begünstigen die Entstehung von Angsterkrankungen.
  • Umweltfaktoren: Dazu zählen etwa ungesunde Ernährung und Lärmbelastung, aber ebenso Umweltverschmutzung. Da diese die Gesundheit belasten, erhöhen sie auch das Risiko für diverse Krankheiten.
  • Gesellschaftliche Isolation: Die Zunahme von Onlinekommunikation im Vergleich zu realen Interaktionen kann dazu führen, dass soziale Ängste zunehmen.

Auslöser von Angststörungen

Die Ursachen von Angststörungen sind komplex und variieren von Person zu Person. Es gibt verschiedene Arten von Angststörungen, etwa generalisierte Angststörungen, soziale Angststörungen, Panikstörungen und spezifische Phobien. Jede dieser Störungen hat ihre eigenen Merkmale und diagnostischen Kriterien. Die häufigsten Faktoren, die zur Entwicklung von Angststörungen beitragen können, sind:

  • Genetik: Bei psychischen Erkrankungen wird oft ein gehäuftes Auftreten innerhalb von Familien beobachtet, d.h. bei Erkrankungen der Eltern oder anderen nahen Verwandten ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, auch selbst an einer Angststörung zu erkranken.
  • Stress: Anhaltender Stress, sei es im beruflichen, schulischen oder privaten Kontext, kann zur Entstehung von Angststörungen beitragen.
  • Traumatische Ereignisse: Diese können Angststörungen auslösen und zu Vermeidungsverhalten führen.
  • Kindheitserfahrungen: Belastende Erfahrungen in der Kindheit, wie Vernachlässigung oder Traumata, können das Risiko einer Angststörung im späteren Leben erhöhen.
  • Andere Erkrankungen: Insbesondere hormonelle Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen können Angstsymptome auslösen.
  • Drogenkonsum und -entzug: Der (übermäßige) Konsum von Alkohol oder Drogen sowie die missbräuchliche Verwendung von verschreibungspflichtigen Medikamenten kann Angstsymptome auslösen oder verstärken. Ebenso können Entzugserscheinungen Angst verursachen.
  • Soziale Faktoren: Durch Isolation, Mobbing oder soziale Ängste können Angststörungen entstehen oder verstärkt werden.

Angststörungen richtig diagnostizieren

Die Diagnose von Angststörungen erfolgt in der Regel durch einen Psychiater, Psychologen oder klinischen Therapeuten. Zu Beginn steht üblicherweise eine klinische Beurteilung, bei der der Patient gebeten wird, über seine Symptome, seine Krankengeschichte, familiäre Vorgeschichte und Lebensumstände zu berichten. Um eine genaue Diagnose zu stellen, müssen andere mögliche Ursachen für die Symptome, wie etwa Stoffwechselerkrankungen oder andere Erkrankungen, ausgeschlossen werden. Im Zuge der Diagnose wird auch die genaue Form der Angststörung nach dem Handbuch DSM-5 festgestellt. Die häufigsten Angststörungen sind:

  • Generalisierte Angststörung (GAS): Übermäßige, anhaltende Sorgen und Ängste über verschiedene Dinge.
  • Panikstörung: Wiederkehrende Panikattacken, begleitet von intensiver Angst.
  • Soziale Angststörung: Übermäßige Angst vor sozialen Situationen und Bewertung durch andere.
  • Spezifische Phobien: Intensive, irrationale Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen.
  • Agoraphobie: Angst vor bestimmten Orten oder Situationen, die Flucht schwierig machen, wie Menschenansammlungen.

Therapien bei Angststörungen

Die Therapie von Angststörungen kann je nach der Art und Schwere der Störung variieren. In den meisten Fällen kommen psychotherapeutische Ansätze, Medikamente oder eine Kombination aus beidem zur Anwendung. Häufig werden psychotherapeutische Ansätze wie die kognitive Verhaltenstherapie, die Belichtungstherapie oder die achtsamkeitsbasierte Therapie empfohlen. Die genaue Vorgehensweise in der Therapie wird individuell mit dem Patienten abgestimmt, da die Mitarbeit und Therapietreue entscheidend für die Behandlung sind. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können entscheidend dazu beitragen, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Kann man mit einer Angststörung normal leben?

Ja – Angststörungen sind behandelbar, daher können Menschen mit einer Angststörung ein normales und erfülltes Leben führen, insbesondere wenn sie angemessene Behandlung und Unterstützung erhalten. Dazu können eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ebenso beitragen wie Änderungen am Lebensstil (regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, etc.). Auch Strategien zur Stressbewältigung sowie eine Sensibilisierung für die eigenen Symptome sind für Patienten wichtig, um selbstbestimmt leben zu können. Das soziale Umfeld trägt ebenso entscheidend bei, einerseits die Unterstützung durch Familie und Freunde, andererseits die berufliche und soziale Integration, um die Teilhabe an der Gesellschaft und an sozialen Aktivitäten zu ermöglichen.

Kategorien: Angststörungen

Natalie Pfitzenmaier
Autor:in Natalie Pfitzenmaier
Das CLINICUM ALPINUM ist spezialisiert auf die Behandlung von Depressionen und affektiven Erkrankungen. Mit unserem Blog möchten wir über psychische Erkrankungen aufklären, über die Klinik und die Therapien informieren und einen Beitrag zur Entstigmatisierung leisten.

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