Selbstbestimmt leben mit Schizophrenie

Schizophrenie gehört zu den Psychosen und ist eine der häufigsten Erkrankungen, die in Psychiatrien behandelt wird. Etwa 1% der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens daran, manche Erkrankte durchleben nur eine Akutphase, häufiger sind wiederkehrende Krankheitsepisoden. Immer noch gibt es viele Missverständnisse über die Krankheit und Vorbehalte den Erkrankten gegenüber, obwohl ein normales Leben mit der richtigen Unterstützung durch Therapie, Medikation und Umfeld möglich ist.

Missverständnisse und Stigmatisierung

Der Wort Herkunft nach bedeutet Schizophrenie „gespaltener Geist“, weshalb viele Menschen fälschlicherweise davon ausgehen, dass jemand mit Schizophrenie „mehrere Persönlichkeiten“ habe. Dieses Störungsbild der gespaltenen Persönlichkeit tritt allerdings bei einer dissoziativen Identitätsstörung auf, Personen mit Schizophrenie dagegen fühlen sich weiterhin als sie selbst. Bei einer akuten Schizophrenie liegt wahnhaftes Denken vor, die Ich-Wahrnehmung ist gestört und die Grenze zwischen Umwelt und Ich wird nicht mehr wahrgenommen. In der Öffentlichkeit herrscht leider immer noch das Bild der unberechenbaren, gefährlichen oder gar aggressiven Schizophrenen vor, aber nur sehr wenige Personen reagieren in Akutphasen aggressiv, der überwiegende Teil der Betroffenen zieht sich zurück.

Wie äußert sich Schizophrenie?

In Akutphasen erleben die Betroffenen häufig akustische Halluzinationen, d.h. sie hören Stimmen (etwa von vertrauten Personen, die ihnen Ratschläge erteilen oder etwas befehlen), leiden unter Verfolgungswahn, wirken durch zerfahrenes Sprechen wirr und/oder können sich kaum noch konzentrieren. Der Grossteil der Patienten durchlebt im Verlauf des Lebens mehrere Episoden mit psychotischen Schüben – etwa 30% der Erkrankten werden wieder vollständig gesund. Es herrscht zudem eine hohe Komorbidität mit Depressionen vor, etwa 80% der Erkrankten leiden auch an Depressionen.

Unterstützung zur Bewältigung des Alltags

Ein unterstützendes soziales Umfeld spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Schizophrenie. An Schizophrenie erkranken die meisten Betroffenen im jungen Erwachsenenalter, einer kritischen Phase in Bezug auf die Berufsausbildung, das Beziehungsleben usw. Hier trägt engmaschige Unterstützung dazu bei, dass Betroffene Ausbildungen abschliessen können, ein Arbeitsumfeld mit Verständnis und Rücksichtnahme finden, sich aber auch im Alltag nicht einsam fühlen und Hilfe durch Freunde und Familie erfahren. Dazu gehört auch, dass sowohl die Erkrankten selbst als auch das Umfeld aufmerksam sind für Frühwarnzeichen, die auf einen möglichen Rückfall hindeuten – etwa, dass Patienten weniger schlafen und essen, nervöser und ängstlicher wirken, zugleich aber auch hyperaktiv sein können und sich nicht konzentrieren können. Hier gilt es, sie ruhig und bedacht auf die eigenen Beobachtungen anzusprechen und Hilfe anzubieten.

Selbstbestimmter Alltag mit Schizophrenie

Der Schweregrad der Erkrankung sowie die Compliance der Patienten sind für den Behandlungserfolg entscheidend und haben auch einen grossen Einfluss darauf, welche Möglichkeiten und Freiheiten Patienten haben. Die Compliance beschreibt, sie sehr sich die Patienten auf die Behandlung einlassen, dieser vertrauen und die Massnahmen mittragen. Oft unterschätzen Patienten den grossen positiven Einfluss, den sie selbst auf ihre Genesung haben. Sie sollten daher in der Wahl und der konkreten Gestaltung der Therapie und Medikation unbedingt eingebunden sein und in ihren Entscheidungsmöglichkeiten bestärkt werden. Ausserhalb von Akutphasen (deren erneutes Auftreten durch Therapietreue verringert oder gar verhindert werden kann) ist es Betroffenen in der Regel möglich, ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen, einem Beruf nachzugehen usw. und auch selbst zu entscheiden, von wem und welche Hilfe sie annehmen möchten.

 

Natalie Pfitzenmaier
Autor:in Natalie Pfitzenmaier
Das CLINICUM ALPINUM ist spezialisiert auf die Behandlung von Depressionen und affektiven Erkrankungen. Mit unserem Blog möchten wir über psychische Erkrankungen aufklären, über die Klinik und die Therapien informieren und einen Beitrag zur Entstigmatisierung leisten.

Diesen Beitrag teilen